1. Happy New Year


Wie war ich hier eigentlich noch mal gelandet?, fragte ich mich erneut. 
Um mich herum herrschte tierischer Lärm. Verschwitze Körper rieben sich auf der Tanzfläche aneinander und die Luft war stickig. Es roch nach Alkohol und Schweiß, nicht gerade eine schöne Mischung. Die Menschen hier grölten und sangen ein paar Lied Zeilen eines typischen Mit gröl Liedes mit. 
Gekommen war ich mit einer Freundin von mir, einer meiner besten Freundinnen um genau zu sein. Sam. Eigentlich hieß sie Samantha, aber so nannte sie kaum einer. Ihre Eltern natürlich und ein paar sture Lehrer, aber die Allgemeinheit ließ davon ab. 
Besagte Sam hatte mich zu sich eingeladen. Heute war Silvester. Eigentlich hatte ich zu Hause bleiben wollen, irgendeine Show im Fernsehen ansehen und so ins neue Jahr feiern. Geklappt hat das aber nicht. Als Sam erfuhr das ich nichts vorhatte, ergriff sie die Gelegenheit und zerrte mich zu sich. 
Bei ihr blieben wir dann eine Ewigkeit, in der sie Barbie mit mir spielte.  Für mich brauchte sie an die zwei Stunden, für sich selbst eine halbe. Kam ich mir deshalb etwas komisch vor? Ja, definitiv! Damit ich super aussah wurden zwei Stunden benötigt. Sam benötigte eine halbe und sah dennoch besser aus als ich. 
Sam selbst war eine wahre Schönheit, der jedes männliche Wesen hinterher sabberte ohne das sie etwas dafür tun musste. Bei mir war es eher der Kumpeltyp-Style. Zumindest laut Sam.
Sie verließ nie das Haus ohne geschminkt und perfekt gestylt zu sein. Sie trug beinahe 24 Stunden am Tag ihre geliebten High-Heels und trug immer irgendeine Art von Schmuck. 
Heute hatte sie ihr blondes Haar geglättet und trug es offen. Es fiel über ihre Schultern und floss ihren halben Rücken hinab. Sie hatte ihre grünen Augen mit grünem Lidschatten und schwarzem hervorgehoben. Ein Smokey-Eye Look mit Farbe. Ihre Wangen waren natürlich leicht rosa und sie hatte rosaroten Lipgloss auf den Lippen. Sie trug passend zu ihren Augen ein enges grünes Kleid und grüne High Heels. Perfekt gestylt, immer, wie gesagt. 
Mich hatte sie in ein dunkelblaues Kleid - passend zu meinen Augen - gezwungen und mit High Heels verbunden. Ich stolperte zwar mehr als das ich lief, aber dieser Einwand ging an Sam vorbei. 
Sie hatte mich auf irgendeine Party in mitten der Stadt geschleift und war nach ungefähr fünf Minuten mit einem Drink in der Hand verschwunden. Wir waren in einer Wohnung. Keine Ahnung wessen, ich hoffte nur Sam kannte ihn oder sie. 
Irgendwann wurde mir alles zu laut und ich hatte mich in einem der Zimmer verkriechen wollen, nur um ein Pärchen beim Sex zu stören. Nun ja nicht direkt, sie bemerkten mein Eintreten nicht einmal, aber das war ein Bild, dass ich für eine ganze Zeit nicht mehr aus dem Kopf bekommen würde. 
Also saß ich nun im Wohnzimmer auf einer Couch neben einem herumknutschenden Pärchen, mit einem Becher in der Hand in dem irgendetwas Alkoholisches war. 
Vor mir tanzte die Menge und schrie aus vollem Halse. 
Dann kam der entscheidende Moment eine Stunde später. Der Countdown. Die Musik wurde ausgestellt und ein junges Mädchen übernahm es von 10 langsam runterzuzählen. Alle - sogar das Knutschpärchen, dass neben mir gesessen hatte - standen auf und gesellten sich ins Wohnzimmer. Ich wurde zwischen ziemlich viele Leute gequetscht, aber ich machte mir wenig Gedanken. 

"5!", schrie das Mädchen und die Menge mit ihr.

"4!"

"3!"

"2!"

"1!"

"Frohes neues Jahr!", kreischten wir alle und hielten unsere Becher in die Höhe. 
Alle die nebeneinander standen drehten sich in irgendeine Richtung und küssten den oder die erstbeste, die sie erwischen konnten. Überraschenderweise geschah mir dasselbe. 
Ich wurde zur Seite gedreht und ohne auch nur denjenigen zu sehen, lagen unbekannte Lippen auf meinen. Da ich etwas angetrunken war und mir der Kopf schwirrte, stieß ich ihn nicht sofort weg. Er begann seine Lippen an meinen zu bewegen und ohne darüber nachzudenken was ich tat, bewegte ich auch ich meinen Mund. 
Ich schmeckte Alkohol - Whiskey - und etwas anderes, irgendetwas fruchtiges, aber ich wusste nicht direkt was. 
Er rückte ein Stück von mir ab und sah mir in die Augen. 
"Wow", hauchte er etwas atemlos. 
Ich konnte nur nicken. Er konnte verdammt gut küssen und in meinem Kopf schwebte nur ein Wort, immer wieder. Mehr, mehr, mehr. Ich wollte mehr! Also schlang ich die Arme um seinen Nacken, riss seinen Kopf zu mir hinunter und küsste ihn stürmisch. Es schien ihn zu stören, denn er schlang einen Arm um meine Hüften und legte den anderen in meinen Nacken, während er den Kuss erwiderte. 
Während der kurzen Pause hatte ich einen klaren Blick auf ihn bekommen. Er hatte rabenschwarzes Haar, dass er gestylt hatte in einer Art Look, der sagte "Ich komme gerade aus dem Bett und es ist mir egal wie ich aussehe". Aber man sah, dass seine Haare zu lang waren um von selbst so verwuschelt zu sein und stehen zu bleiben. 
Seine Augen waren von einem strahlenden Stahlblau und leuchteten. Sie waren so hell und offen und einfach nur wunderschön. 
Danach erinnere ich mich an nichts mehr ...


-_-_-_-_- 1. Januar -_-_-_-_-


"Chris!", schrie jemand. "Chris! Verdammte Scheiße, was ist das denn hier?!"
"Ugh", stöhnte ich. 
Mein Kopf hämmerte und pochte. Argh, scheiße! Ich hatte einen Kater und zwar einen verdammt starken. Wer auch immer da schrie, er sollte verdammt noch mal das Maul halten! 
Wer schrie denn? Es konnte eigentlich nur Adrian sein - mein großer Bruder - der vielleicht wieder einen seiner Freunde bei uns hatte übernachten lassen. Aber musste er das dem ganzen Haus mitteilen, verdammt? 
Ich versuchte eine Hand an meinen pochenden Kopf zu heben, als mir etwas auffiel. Es ging nicht. Ich lag auf der Seite, daran war nicht ungewöhnliches, aber mein Rücken lag an einer Wand, hmm, einer weichen Wand. Eine Couch vielleicht? Aber meine Arme waren eingeklemmt und ein weiteres Paar Arme war um mich geschlungen. Als ich die Augen öffnete, musste ich mich zwingen nicht lauthals los zu schreien. Keinen Zentimeter vor mir lag ein junger Mann, er hatte die Arme um mich geschlungen und sein warmer Atem traf auf mein Gesicht. 
Verdammte Scheiße, was war passiert?!
Wo war ich? 
Wer zum Teufel war das? 
"Chris!", kam erneut der Schrei. 
Aber es war nicht Adrians Stimme. Die Stimme war tief und definitiv männlich. Sie war sanft, aber auch rau. Ich hörte wie etwas metallisches auf etwas dumpfes fiel? Vielleicht Schlüssel auf eine Kommode oder in eine Schale? Dann hörte ich Schritte und wie jemand etwas auf den Boden fallen ließ. Eine Jacke, einen Pullover, vielleicht ein Shirt? 
Der junge Mann, dessen Arme weiterhin um mich geschlungen waren, stöhnte protestierend gegen den Lärm. Gut, dass konnte ich ihm nicht verdenken, zum einen war ich müde, zum anderen hatte ich einen verdammten Kater! 
Die Arme um meinen Oberkörper verstärkten ihren Griff und der junge Mann vergrub sein Gesicht an meinem Hals und drückte mit seiner Nase, mein Haar an meine Schulter. 
"Hmm", machte er zufrieden. 
"Chris!", schrie es wieder.
Diesmal viel näher. Sofort schreckte mein gegenüber hoch. Er brauchte einen Moment sich zu sammeln, als er mich dann so nah vor ihm sah, weiteten sich seine Augen vor Schock. 
"Wuah!", machte er und rückte ruckartig von mir ab. 
Er riss seine Arme zurück und rutschte zurück. Allerdings schien die Couch nicht breit genug dafür zu sein und er plumpste zu Boden. Mit einem harten "Uff" kam er auf dem Boden der Tatsachen an. 
"Ohhh", machte er schmerzerfüllt und hielt sich den Kopf fest, während er die Augen zusammen kniff. 
"Na, auch aufgestanden?", fragte jemand aus dem Türrahmen. 
Überrascht sah ich auf, genauso wie - vermutlich - Chris. Im Türrahmen stand, wow, ein griechischer Gott! Mit Mühe hinderte ich meinen Kiefer davon runter zu klappen und diesen Mann offen anzugaffen, aber meine Augen konnte ich nicht daran hindern sich zu weiten. 
Dort stand Adonis selbst. Er hatte wunderschönes goldblondes Haar, dass schon beinahe zu scheinen schien. Ein Heiligenschein um seinen Kopf. Er hatte eine merkwürdige Augenfarbe. Eine Mischung aus einem hellem Bernstein und einem dunklen grün und irgendwie etwas gelb oder gold? Ich konnte es nicht direkt erkennen, dafür stand er zu weit weg. Er hatte einen Körper, als wäre er gemeißelt worden. Breite Schultern, ein beachtliches Rückgrat, muskelbepackte Arme und einen flachen Bauch. Er war nicht bullig, aber man sah, dass er Sport trieb. Alles in allem war er wohl der Traum aller Frauen mit seinen höchsten 26 oder 27 Jahren. 
"Oh", meinte er gerade, als er mich entdeckte. 
Dann schoss er Chris einen wütenden Blick. 
"Chris, was ist hier gestern gelaufen und wer ist das?", fragte Adonis. 
"Oh, Jason, bitte, nicht so laut", jammerte Chris. 
"Chris!", schrie Jason erzürnt. 
Ich zuckte unweigerlich zusammen. Jasons Blick wanderte zu mir und er schien mehrere Male tief durchzuatmen um sich zu beruhigen. 
"Entschuldige", murmelte er.
"Schon gut", grinste Chris mit geschlossenen Augen auf dem Boden.
Jason rollte nur mit den Augen und ich kicherte. Er grinste mich an. 
"Könnt ihr mal die Klappe halten?", kreischte eine weibliche Stimme, die gerade ins Wohnzimmer gestolpert kam. "Ihr seid voll laut, ey! Ich hab n Kater und der Kerl Tim, Tom oder so auch, also shhhhhhh!"
Bevor auch nur einer von uns etwas erwidern konnte, stolperte Blondi wieder aus dem Raum den Flur hinunter und wenig später knallte irgendeine Tür.
Argh, mein Kopf, verdammt! Wenn sie ebenfalls einen Kater hatte, sollte sie das lassen!
"Chris, verdammt! Wer sind diese Leute in meiner Wohnung?!", schrie Jason aufgebracht und sah sich wütend um. 
Ich tat es ihm gleich. Oh man! Diese Wohnung glich ja beinahe einem Schlachtfeld. Überall lagen Plastikbecher, Luftschlangen, Konfetti, teilweise Klamotten und igitt, irgendwer hatte sich in die rechte hinterste Ecke übergeben. 
"Alter, Jason, reg dich ab! Es war Silvester!", rechtfertigte Chris und stand endlich auf. 
"Und du musstest deine scheiß Party in meiner Wohnung feiern?!", schrie Jason zurück. 
"Komm mal wieder runter, wir leben hier zusammen", gab Chris flüstern zurück.
Er versuchte anscheinend die Unterhaltung so leise wie möglich auf Grund seines Katers zu halten. 
"Und wer bezahlt die gottverdammte Miete jeden Monat!", schrie Jason zurück. 
Chris und Jason funkelten sich wütend an, aber Chris gab schnell nach und sah zu Boden. Wieder hielt er seinen Kopf fest und stöhnte wehleidig. 
"Oh, Chris!" Jason raufte sich frustriert das Haar. "Schaff deine ... Mädchen ... hier raus und räume den Saustall auf!"
Sollte ich mich beleidigt fühlen? Wahrscheinlich nicht, da ich nun mal ein Mädchen war, aber so wie er es ausgesprochen hatte, hätte er genau so gut Hure oder Schlampe sagen können. 
Wahrscheinlich war das mein Moment zu verschwinden. Also erhob ich mich langsam, was die beiden Männer dazu brachte ihre Köpfe sofort in meine Richtung zu drehen. 
"Hey, ähm ...", Chris schien nach einem Namen zu suchen.
"Du kennst nicht mal ihren Namen?", knurrte Jason. 
"Doch, klar!", erwiderte Chris. "Ähm ... Sie heißt, ähm ..."
"Spar dir die Mühe", unterbrach ich ihn. 
Beide sahen mich verdutzt an. Chris einfach nur verwirrt und immer noch nach einem Namen suchend. Jason verdutzt und irgendwie nachdenklich. 
"Bye", meinte ich, weil mir nichts besseres einfiel.
Damit hob ich meine Schuhe vom Boden wieder auf und verließ die Wohnung. Im Treppenhaus schlüpfte ich dann schnell in die High Heels, aber erst nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. 
Seufzend kämmte ich mir die Haare mit den Fingern, während ich die Treppe hinunter ging. 
Draußen vor dem Haus wehte kalte Winterluft und ich bereute es keinen Mantel mitgenommen zu haben. Während ich mich umsah, fragte ich mich wie ich gestern Abend genau hierher gekommen war. 
Verdammt Sam!, knurrte ich innerlich. 
Auf der Straße lagen die Reste von Raketen, Böllern und anderen Feuerwerkskörpern. Überall lag einfach nur Müll. Auf gut Glück wollte ich gerade die Straße hinab gehen, als mich eine Stimme mich wieder umdrehen ließ. 
"Dachte ich's mir doch", murmelte er hinter mir.
Ich fuhr herum und sah in diese merkwürdigen Augen, dessen Farbe ich immer noch nicht benennen konnte. 
"Was?", fragte ich und runzelte die Stirn. 
"Dass du keine Ahnung hast, wo du bist", meinte er überheblich. 
"Du kennst mich nicht, also wage es ja nicht mich zu verurteilen!", zischte ich ihn an. 
Er schien etwas überrascht, dass ich so wütend war und es gerade an ihm ausließ, aber hey: Er war der einzige hier. 
"Entschuldige, dass ich ein Mädchen verurteile, dass ich morgens in meiner Wohnung finde, eng umschlungen mit meinem Bruder auf meiner Couch. Sie weiß nicht wo sie ist, mein Bruder kennt nicht mal ihren Namen, was mich vermuten lässt, dass besagtes Mädchen leichtsinnig bei einem Fremden übernachtet hat. Und dann ist besagtes Mädchen auch noch dumm genug zu versuchen auf eigenem Fuß nach Hause zu gelangen ohne Bargeld oder sonst etwas."
Er hob abwartend eine Augenbraue und forderte mich heraus ihm zu widersprechen, aber wir beide wussten, dass ich das nicht tun würde. Selbstgerecht verschränkte er die Arme vor der Brust und grinste süffisant. 
"Und was will nun der große verantwortungsvolle Bruder von besagtem Mädchen?", fragte ich etwas gereizt. 
Er gluckste kurz und grinste seine Füße an, eher er sich aufrichtete und die Arme entknotete. Er hielt seine Schlüssel hoch und deutete mit dem Kopf auf einen schwarzen Audi. 
"Komm, ich fahr dich."
Wow, was? Überrascht starrte ich ihn an. Hatte er mir wirklich gerade angeboten mich zu fahren? Das Mädchen, dass er heute früh auf seiner Couch nach einer wilden Party gefunden hatte?
"Ich kenne dich nicht mal", erwiderte ich. 
"Ich bin der verantwortungsvolle, schon vergessen?", gluckste er. 
Er ging auf seinen Audi zu und hielt mir die Wagentür zur Beifahrerseite auf. Aber ich blieb wo ich war und starrte ihn nur skeptisch an. 
"Nein, danke", schüttelte ich den Kopf.
Nun war er es, der überrascht war. Verwirrt starrte er nun mich nieder. Sah ich da vielleicht sogar so etwas wie Verärgerung aufflackern?
"Nein?", wiederholte er ungläubig. 
"Nein", wiederholte ich. "Aber danke."
Damit drehte ich mich um und ging die Straße wie geplant entlang. Ich hörte wie er die Tür zuschlug und mir hinterher lief. Wieso lief er mir hinterher? Er joggte zu mir auf und fiel neben mir in Gleichschritt. 
"Was tust du?", fragte er mich. 
"Nach Hause gehen", erwiderte ich. 
"Lass mich dich fahren."
"Nein."
"Wieso nicht?", fragte er verärgert. 
Was ging ihn das an? Und war das nicht offensichtlich? Ich stieg doch nicht zu einem völlig Fremden ins Auto! Für wie blöd hielt er mich eigentlich. Wütend blieb ich stehen und wandte mich ihm zu. 
"Jason, richtig?", fragte ich und er nickte verwundert. "Hör zu, du magst das jetzt zwar nicht glauben, aber ich bin nicht so ein Mädchen, okay? Meine Freundin hat mich zu dieser Party geschleppt, wäre es nach mir gegangen, dann hätte ich zu Hause auf dem Sofa gesessen und mir irgendwelche Filme angesehen. Aber nein, ich wurde hierher geschleift. Dann hat sie mich nach fünf Minuten allein gelassen, aber ich konnte nicht weg, da sie die Autoschlüssel hatte und wir zusammen dort waren! Bis Mitternacht war die Party ein einziger Reinfall für mich. Dann hab ich wie alle anderen auf das neue Jahr angestoßen, als auf einmal dein Bruder kam und mich küsst. Ganz ehrlich? Keine Ahnung was danach passiert ist, denn das nächste an das ich mich erinnere ist deine Schreierei! Also: Ich habe keine Ahnung wie ich mit dieser Situation umgehen soll, aber was ich weiß, ist das ich nachdem ich aus dieser Wohnung heil raus gekommen bin, nicht zu einem Fremden ins Auto steigen werde! Kapiert?!"
Mit jedem Wort war ich lauter geworden und auch irgendwann Schritt für Schritt auf Jason zugegangen. Seine Augen waren immer weiter geworden und er war vor mir zurück gewichen. Gut so! 
Verdammt, ich war einfach nur wütend, ich wollte nach Hause, mir Eis auf meinen Kopf packen und schlafen. 
"Okay", meinte er und hob abwehrend seine Hände. "Kluge Entscheidung."
Es schien als täte ihm diese Zustimmung beinahe weh. Als könnte er nicht glauben mir zu zustimmen. Das ich tatsächlich nicht so dumm war, wie er erwartet hatte. 
"Na dann", meinte ich seufzend. "Ich würde ja sagen es war nett, aber ich kann dich nicht wirklich leiden, also belasse ich es bei einem einfachen: Auf nimmer wiedersehen."
Er gluckste und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. 
"Gleichfalls, Sugar", zwinkerte er mir zu. 
Dann ging er an mir vorbei und zurück zu seiner Wohnung. 
"Sugar?", rief ich ihm nach. 
"Ich kenne deinen Namen nicht", meinte er und ging rückwärts weiter in Richtung Wohnung. "Also Sugar."
Wieder zwinkerte er und war dann auch schon in seiner Wohnung verschwunden. 
"Männer", grummelte ich und ging die Straße hinunter. 


-_-_-_-_- 5. Januar -_-_-_-_-


Erster Schultag. Ich hasste erste Schultage, so wie vermutliche auch alle anderen. Wer freute sich schon darauf? Gerade hatte man den Weihnachtsstress hinter sich, dann hatte man ins neue Jahr gefeiert und schon musste man wieder in die Schule. Übel gelaunt war ich heute Morgen aus dem Bett gefallen und genauso übel gelaunt und auch noch müde in die Schule gekommen. Mies gelaunt war ich also im Halbschlaf durch die Schule in meine Klasse gewandert. 
"Morgen", nuschelte ich als ich rein kam. 
Ein paar sahen auf und grüßten zurück, ein paar ignorierten mich. Ein paar sahen auf und gaben mir nur komische Seitenblicke. Was soll's?
Ich ließ mich auf meinen Platz am Fenster und hinten in der Klasse fallen. Meine Tasche fiel neben mir zu Boden und ich ließ auch den Kopf auf den Tisch vor mir fallen. 
"Rose?", kicherte Sam neben mir. 
"Hmm", grummelte ich unverständlich. 
Wieder kicherte sie. 
"Doch so schlimm, hmm?"
Sam war schon immer eine Frühaufsteherin gewesen. Sie musste es zwangsweise werden um jeden Tag so top gestylt pünktlich zur Schule zu kommen.
"Aber ich kann deine Laune heben", quietschte Sam. 
Ich hörte förmlich das Grinsen auf ihrem Gesicht. Also drehte ich den Kopf und öffnete ein Auge und sie anzusehen. 
"Spuck schon aus", nuschelte ich. 
Ihr Grinsen blieb und sie hüpfte auf und ab auf ihrem Stuhl. 
"Wir bekommen einen neuen Lehrer, einen super jungen, super tollen, super heißen Lehrer!", quietschte sie. 
Okay, das erregte meine Aufmerksamkeit. Langsam nahm ich den Kopf von der Tischplatte und setzte mich auf, um Sam fragend anzusehen. 
"Also", begann sie. "Nina war heute früh im Lehrerzimmer, sie muss noch eine Klausur nachschreiben und wollte den Termin dafür erfahren. Da hat sie ein Gespräch überhört indem es um irgendeinen neuen Lehrer ging, der heute ankommen soll!"
"Okay," meinte ich. "So weit, so gut. Aber woher weißt du, dass er super jung, super toll und super heiß ist?"
Grinsend hob ich eine Augenbraue und Sam schnaubte beleidigt. 
"Ich weiß so etwas", meinte sie und schmiss die Haare über ihre Schulter.
Bei ihr sah es irgendwie nicht so arrogant aus, wie bei all den anderen Zicken. Irgendwie eleganter, auch wenn das komisch klingen mag. 
Wir führten noch etwas Small-Talk. Ich hatte mich bei Sam noch am 1. Januar beschwert, dass sie mich dort allein zurück gelassen hatte. Sie hatte sich an die hundert mal entschuldigt und hatte mich ihr die Geschichte ungefähr 30 mal erzählen lassen. Ich war immer noch etwas sauer auf sie, aber ich konnte ihr nie lange wirklich böse sein. 
Und schließlich kam unsere Klassenlehrerin herein. 
"Guten Morgen", grinste sie in die Klasse. "Und frohes neues Jahr euch allen."
"Morgen", wurde hier gemurmelt.
"Ihnen auch", wurde dort gemurmelt. 
Unsere Lehrerin grinste nur und schüttelte belustigt den Kopf.
"Bevor wir beginnen, habe ich noch etwas organisatorisches", begann sie und stellte ihre Tasche ab. "Ein paar von Ihnen haben sicherlich schon davon gehört, dass wir einen neuen Kollegen bekommen haben. Sein Name ist Herr Burk. Er unterrichtet Englisch und Deutsch und wird beide Fächer in eurer Klasse übernehmen, da Frau Damm in Mutterschaftsurlaub gegangen ist."
Es klopfte an der Tür. 
"Das sollte er sein", meinte Frau Pelter. "Herein!"
Die Tür öffnete sich und unser neuer Lehrer trat ein.
"Heilige Scheiße!", zischte Sam aus. 
Sie hatte recht, er war super jung, super toll und super heiß. Alle Mädchen in der Klasse - wir waren 18 Mädchen und sieben Jungen - seufzten auf und legten ihren Kopf auf ihren Händen ab und den neuen Lehrer an zu schmachten. Es war wie in diesen Filmen, wo alle Mädchen "Aaaahhhh", machten oder "Oooohhhh" oder einfach nur aufseufzten und verliebt in die Gegend guckten wie verlorene Gockel. Aber man konnte es ihnen wirklich nicht verübeln. Dieser Mann war ein Adonis, mein Adonis. Jason.

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